Wenn Sie einem Burnout vorbeugen wollen: Haben Sie schon mal was vom hirninternen Bodyguard gehört? Der Mandelkern ist unsere persönliche Gefahrendatenbank, unser hirninterner Bodyguard und damit unser größter Stressor. Auch Sie haben einen solchen Begleiter, den Sie aus der Evolutionsgeschichte geerbt haben und der seit Ihrer Geburt bemüht ist, Sie vor Lebensgefahr zu bewahren. Nun wird er vermutlich selten Bären oder Tiger entdecken, die Ihnen gefährlich werden könnten, dafür aber mehr und mehr ärgerliche, frustrierende und auch beängstigende Alltagssituationen, die ihn nervös machen. Und jedes Mal schießt er Ihnen eine Ladung Stresshormone in den Blutkreislauf, damit Sie augenblicklich mit genügend Aggression in den Kampf gehen oder sich mit ausreichend Energie auf die Flucht machen können. Vermutlich werden Sie weder das eine noch das andere so offensichtlich machen. Stattdessen werden Sie durch diese Ladung zunehmend gereizter, machen mehr Fehler, entwickeln Verspannungen, bekommen diffuse Schmerzen und Ihr Schlaf leidet. Wie können Sie da noch einem Burnout vorbeugen? Denn anstatt mindestens einen Gang runterzuschalten, dehnen Sie die Arbeitszeiten aus, um ihr Pensum zu schaffen, verzichten auf außerberufliche Interessen oder ziehen sich mehr und mehr aus Ihren sozialen Kontakten zurück. Bloß keiner mehr, der noch was von mir will!
Ich kenne aus meiner Arbeit in den Unternehmen viele Führungskräfte und Keyplayer, die sich als eine Art Siegfried sehen: kampferprobt, siegeswillig und unverletzbar. Die Stelle mit dem Eichenblatt haben sie vergessen und so sind sie nicht selten blind für die Erkenntnis, dass sie schon lange auf Reservetank fahren. Die Zelebration des eigenen Substanzverbrauchs als vermeintliches Merkmal leistungsmäßiger Überlegenheit ist nicht auszurotten. Begeisterung für die eigene Arbeit kann daher ebenso zur Rücksichtslosigkeit gegen sich selbst führen wie Angst vor dem Versagen. Andere erzählen hinter vorgehaltener Hand von Druck und ihrem Frust, von unrealistischen Kennzahlen und ausgedünnten, überforderten Teams, vom Verlust der Sinnhaftigkeit und der Freude an der Arbeit, von Selbstzweifeln und der Angst, nicht mehr mithalten zu können.
Was ihr Bodyguard dabei an Einsatz leistet, wirkt sich letztlich als untergründiger Dauerstress mit fatalen Folgen für Gesundheit und Befindlichkeit aus und schränkt so auch die Leistungsfähigkeit ein, obwohl sie gute Arbeit machen wollen.
Bewusstes Denken geht offline
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie gehen auf der Straße, Ihr Handy bimmelt, Sie checken im Weitergehen kurz die Mails und treten auf die Fahrbahn. Ihr Ohr nimmt das Geräusch eines schnell herannahenden Autos auf, Sie sehen aus dem Augenwinkel etwas blitzen und springen sofort auf den Bordstein zurück. Alles noch einmal gut gegangen! Das haben Sie ausschließlich Ihrem hirninternen Bodyguard zu verdanken. Ständig die ganze Umgebung scannend, hat er in Millisekunden die verfügbaren Informationen ausgewertet, einige Hormone (z.B. Adrenalin) ausgeschüttet, Pulsschlag und Atemfrequenz erhöht, Glukose für die Muskelarbeit bereitgestellt und so Ihre Beine veranlasst, auf den Gehweg zurückzukehren. Ihm reichen dafür ein paar schemenhafte Informationen, um aufgrund gespeicherter Erfahrungen und Konditionierungen so schnell zu reagieren. Wie man es von einem guten Bodyguard erwarten darf.
Und das alles unter Ausschaltung Ihres bewussten Denkens, denn das wäre viel zu langsam. Ganz abgesehen davon, dass ein bewusster „Befehl“ überhaupt nicht in der Lage wäre, diese komplexen biochemischen Prozesse auszulösen. Darum erlaubt der Bodyguard das bewusste Denken erst wieder, wenn er Sie in Sicherheit gebracht hat. Dann erst wird Ihnen bewusst, was da gerade passiert ist und wie gut Sie noch einmal davongekommen sind. Im Nachhinein spüren Sie die Angst und die Aufregung, den erhöhten Pulsschlag zum Beispiel. Aber Ihre Zufriedenheit über dieses gute Ergebnis beruhigt den Bodyguard bald wieder und spornt ihn an, auch in Zukunft in vergleichbaren Situationen wieder die gleiche Alarmreaktion zu aktivieren.
Die aktiviert er allerdings auch schon, wenn Sie nur über „gefährliche“ Situationen nachdenken oder davon erzählen. Denn ob nur vorgestellt und befürchtet oder schon real eingetreten – im Ernstfall hätte er keine Zeit, das zu unterscheiden. Jede Visualisierung ist für ihn Wirklichkeit. Darum tritt er sofort in Aktion. Wenn Sie Burnout vorbeugen wollen, müssen Sie daher einen Weg finden, den Bodyguard zu beruhigen.
Seine Stelle wurde vor rund 40.000 Jahren im Zuge der Evolution in unserem Hirn geschaffen genau mit dem Auftrag, Gefahren frühzeitig zu erkennen und sich zu merken und entsprechende Sicherheitsaktionen einzuleiten. Eigentlich beste Voraus-setzungen einem drohenden Burnout vorzubeugen. Denn absolute Eignungsvoraussetzung war daher die Schnelligkeit der Informationsverarbeitung und der Reaktion. Denn wenn unsere Vorfahren bei der Nahrungssuche im Feld dem Bären begegneten, blieb keine Zeit für ein Meeting oder eine differenzierte Analyse. Da musste blitzschnell die Entscheidung fallen: kämpfen oder fliehen? Dafür reicht: Freund oder Feind? Wenn Feind: größer als ich? Dann laufen! Kleiner als ich? Dann kämpfen und fressen. Wenn beides nicht geht, totstellen und erstarren, bis die Gefahr vorbei ist.
Ein autonomer Kämpfer
Der Name dieses Bodyguards ist Amygdala oder Mandelkern [ext.], eine mandelförmige Struktur in Zentrum des Gehirns mit direkten Verbindungen zum Stammhirn zum Limbischen System und zum höher entwickelten Neo-KortexDas gelb gezeichnete Stammhirn [ext.] bildet den ältesten Teil unseres Gehirns. Es steuert die Vitalfunktionen des Körpers wie Atmung, Herzschlag, Blutdruck, Magen-Darm-Funktionen, Schlaf-Wach-Rhythmus, Temperatur. Das Stammhirn kennt nur die Gegenwart und hat die Fähigkeit, gemeinsam mit dem limbischen System das bewusste Denken notfalls außer Kraft zu setzen und das Kommando zu übernehmen – der sogenannte Überlebensreflex.
Das pink gezeichnete limbische System [ext.] ist eine Ansammlung komplizierter Strukturen, die in der Mitte des Gehirns liegen und den Hirnstamm wie ein Saum (lat.: limbus) umgeben. Es ist zuständig für alles Emotionale sowie für Gewohnheiten und Routinen. Denn unser Gehirn liebt Routinen, weil bewusstes Denken sehr viel Energie verbraucht. Über routinierte Tätigkeiten wie Autofahren oder Schuhe zubinden müssen wir nicht mehr nachdenken, sie laufen völlig unbewusst ab und sparen damit Energie. Wie mächtig solche Routinen sind, wissen Sie, wenn Sie einmal auf dem Weg zur Arbeit einen Brief einwerfen wollten. An diesen Brief dachten sie zwei Mal: einmal, als Sie ihn zu Hause einsteckten, und das zweite Mal, als Sie abends den Inhalt Ihres Jacketts umräumten und dabei wieder auf den Brief stießen. Unsere Routinen steuern uns wie ein Autopilot ein Flugzeug steuert. Rund 90% des Tages laufen wir auf Autopilot, auch wenn wir glauben, selbst zu entscheiden!
Der blau gezeichnete Neo-Cortex [ext.] ist der jüngste Teil unseres Gehirns – das, was beim IQ-Test gemessen wird, der Sitz des bewussten Ich, zuständig für langfristige Planung, vernünftige Entscheidungen und die Kontrolle der Triebfunktionen. Er glaubt auf jeden Fall, dass er der Boss des Gehirns ist, auch wenn das gar nicht der Fall ist. Denn das limbische System und die Amygdala, unser Bodyguard, sind die zentralen Verhalten steuernden Komponenten. Das rational kognitive Selbst hat weder anatomisch noch funktionell Einfluss auf die Hirnregionen, die unser Verhalten tatsächlich beeinflussen
Ihre persönliche Gefahrendatenbank
Die Amygdala ist bereits vorprogrammiert, wenn wir zur Welt kommen. Daran liegt es, dass alle Kleinkinder Angst vor Dunkelheit und Kriechgetier haben. Evolutionär sinnvoll, damit sie nicht in Höhlen kriechen und -selbst noch bodennah- keine giftigen Stiche oder Bisse erhalten. Daran liegt es aber ebenso, dass sie problemlos mit zwei Fingern in die Steckdose greifen oder zwischen parkenden Autos auf die Straße laufen, denn das gab es vor 40.000 Jahren noch nicht. Alles aber, was wir im Leben einmal emotional als Gefahr, unangenehm oder nachteilig erlebt haben, merkt sich die Amygdala, um bei erneutem Auftreten sofort reagieren zu können. So bildet sich eine ganz persönliche Gefährdungsbeurteilungsdatenbank.
Im Zuge der Evolution hat die Amygdala aber nicht nur gelernt, auf direkte Gefahr für Leib und Leben zu reagieren, sondern auch auf indirekte, z.B. auf Gefahr für unseren sozialen Status. Denn außerhalb der Urhorde war ein Überleben nicht möglich. Darum ist es bis heute für uns so wichtig, wie wir gesehen werden. Denn unser Status entscheidet darüber, ob wir zum Kreis der Bevorzugten gehören und welcher Respekt uns erwiesen wird. Diesen Status versuchen wir über Statussymbole zu festigen, durch Leistung und Machteinsatz, aber auch durch Kooperation und Netzwerken. Alles, was diesen Status infrage stellt, löst daher ebenfalls die Alarmreaktion aus – Kritik zum Beispiel oder das Nichterreichen vorgegebener Ziele. So tritt sie auch in Prüfungssituationen oder im „Lampenfieber“ in Aktion, denn gerade da steht unser Ansehen auf dem Spiel. Leider hat sie auch hier die Macht, das bewusste Denken offline zu schalten. Dadurch kommt es zum Blackout, den wir in diesen Situationen nun gar nicht als Hilfe wahrnehmen können. Auch dass unser Bodyguard schon bei der Erwartung oder Vorstellung einer Gefahr die Alarmreaktion auslöst, schadet uns durch die ausgeschütteten Hormone mehr als dass es uns hilft. Wer also Burnout vorbeugen will, muss seinen Bodyguard erziehen und seine interne Gefahrendatenbank neu programmieren.
Wutmacher und Angstmacher
Zu den Auslösern, die den Bodyguard auf Trab bringen, können spezielle Situationen gehören wie zum Beispiel vor einer Gruppe sprechen müssen, ein Flugzeug betreten, Prüfungs- und Bewährungssituationen oder Rahmenbedingungen der Arbeit wie Zeitdruck, unzureichende Ressourcen, mangelnde Informationen. Auch soziale Bedingungen gehören zu den Auslösern: Beziehungsschwierigkeiten, Konflikte, Konkurrenz, mangelnde Unterstützung, Ausgrenzung. Dazu kommen noch Persönlichkeitsakzentuierungen, die stressverschärfend wirken wie
- innere Antreiber („sei perfekt!“, „sei beliebt!“)
- Bremser („sei auf der Hut!“, „das kannst Du nicht!“)
- persönliche Reizthemen, auf die wir immer anspringen („Unzuverlässigkeit“, „zu kurz kommen“, „behindert werden“, „Ungerechtigkeit“)
- und ebenso Reizgesten und -worte, die sofort psychosomatische Reaktionen auslösen.
Bodyguard außer Kontrolle
Unter den Auslösern können regelrechte Wutmacher sein, die uns in Rage bringen, aber auch Angstmacher, die Katastrophenphantasien, Selbstzweifel und Hilflosigkeitsgefühle aktivieren. So entpuppt sich unser Bodyguard als unser eigentlicher Stressor, weil er immer wieder zu Fehleinschätzungen kommt und überreagiert. Er kann von sich aus nicht zwischen wirklich lebensbedrohenden Situationen und schlechten Nachrichten beziehungsweise normalen alltäglichen Stressauslösern unterscheiden.
Je häufiger wir dadurch in Ärger und Groll oder in Angst und Panik geraten, je länger wir in diesen Gefühlen verharren, desto stärker prägen sich die Situationen und Alarmreaktionen als Reiz-Reaktions-Mechanismen unserem Bodyguard ein. Auch Schlafmangel und Stresshormone wie das in Momenten der Hilflosigkeit ausgeschüttete Cortisol verstärken seine Empfindlichkeit. Unter Dauerbelastung vergrößert sich die Amygdala sogar organisch, um all das noch packen zu können. Auf diese Weise ziehen wir einen hypervigilanten Bodyguard heran, der schon auf kleinste Kleinigkeiten mit Aggression oder Angst reagiert und die Ausschüttung der Stresshormone veranlasst.
Diese Dominanz des emotionalen Netzwerkes gegenüber der Vernunft ist evolutionär sinnvoll, weil sie dafür sorgt, dass wir schnellstens dasjenige tun, was sich in unserer ganzen Erfahrung bewährt hat. Im beruflichen und privaten Kontext wird das aber zum Problem. Denn der Einfluss der älteren Hirnstrukturen, zu denen auch die Amygdala gehört, auf unser bewusstes Denken ist ungleich stärker als umgekehrt. Unser Bodyguard hört in solchen Situationen nicht auf die Vernunft. Versuche vernünftiger Selbstberuhigung sind ähnlich wirkungsvoll wie die Rufe eines Hundebesitzers angesichts seines zähnefletschenden Ungeheuers: „Der will nur spielen!“ Aber wie kann ich dann dem drohenden Burnout vorbeugen?
Erste Hilfe im Stressfall
In meiner Jugend gab es in der Werbung eine Comic-Figur, einen regelrechten „Zornpinkel“, der sich über alles fürchterlich aufregen konnte. Irgendjemand sprach ihn dann an: „Aber wer wird denn gleich in die Luft gehen!“ Dann gab es eine Zigarette und der Typ war gleich vollkommen entspannt. Das kann eine Zigarette durchaus bringen. Ihr Nachteil ist allerdings, dass sie die Gesundheit schädigt und der Bedarf nach Nikotin immer weiter steigt. So können Sie einem drohenden Burnout sicher nicht vorbeugen. Entscheidend aber ist der mit dem Rauchen verbundene Break. Und den kann man auch anders schaffen, zum Beispiel mit der
4-4-8-Atmung
Unter Stress atmen wir ziemlich flach und hektisch. Das macht biologisch Sinn, denn dadurch wird die Ausschüttung von Adrenalin verstärkt und wir haben mehr Energie für Kampf oder Flucht. Eine tiefe (Bauch-)Atmung dagegen stoppt die Adrenalinausschüttung sofort und beruhigt dadurch. Das können Sie über eine einfache Atemtechnik erreichen:
- Sie atmen ein und zählen dabei bis 4.
- Dann halten Sie den Atem an und zählen dabei wieder bis 4.
- Dann atmen Sie aus und zählen dabei bis 8.
Das 4x wiederholt und Sie haben Ihren Bodyguard (und damit auch sich selbst) beruhigt. Das funktioniert bei Ärger und Angst. Auch in beängstigenden Situationen können Sie damit sofort wieder Stabilität erreichen. Eine einfache Technik, die Sie jederzeit und überall -von anderen unbemerkt- anwenden können.
Eine weitere Sofortmaßnahme ist dasSpringen und Schütteln.Die Stressreaktion setzt Bewegungsenergie frei, die wir aber kaum in Bewegung umsetzen. Ein gutes Stressabbaumittel ist daher, sich zu bewegen.
- Das können Sie einfach, indem Sie ein wenig auf der Stelle herumspringen und dabei darauf achten, dass auch die Schultern frei fallen.
- Je nach Lust und Laune können Sie leichter oder fester auf dem Boden landen.
- Anschließend die Beine ausschütteln oder auch den ganzen Körper durchschütteln, als ob Sie etwas abschütteln wollen.
Wie Ihr Bodyguard wieder auf Sie hört
Wenn wir unseren Bodyguard aber auf Dauer desensibilisieren wollen und somit dem Burnout vorbeugen wollen, brauchen wir noch andere Mittel. Zum BeispielMeditation.
Stress baut graue Hirnsubstanz ab. Und die benötigen wir für die Gedächtnisfunktion und die Steuerung von Emotionen. Das erklärt, warum wir unter Stress unkonzentriert und vergesslich und auch gereizt werden. Unter Meditation dagegen wächst nachweislich graue Hirnsubstanz nach [ext.], wie Aufnahmen der Magnet-Resonanz-Tomographie zeigen. Meditation verhilft so zu Gelassenheit und Konzentration. Die einfachste Meditationsmethode, auch als Achtsamkeitsübung bezeichnet, ist die Wahrnehmung des eigenen Atems. Dabei wird die ganze Achtsamkeit auf den Atem gerichtet. Anfangs werden einen die Gedanken immer wieder ablenken. Mal denkt man an die Zukunft (was nachher noch besorgt werden muss), mal an die Vergangenheit (was eben vorgefallen ist), mal beschäftigen sich die Gedanken mit dem Außen (das Geräusch eines vorbeifahrenden LKWs), mal mit dem Innen (einer Körperwahrnehmung wie Schmerzen im Rücken). Das ist unvermeidbar. Mit der Zeit aber werden die Gedanken weniger, die Konzentration leichter.
Auf diese Weise lernt unser Gehirn außerdem noch das wertungsfreie Wahrnehmen. Denn ich nehme nur noch wahr (ein Gedanke, ein Geräusch, ein Zwicken) ohne Urteile wie „will ich nicht“, „gefällt mir nicht“, „stört mich“ und ohne die mit Wertungen verbundenen Gefühle. Ein echter Distanzgewinn, der sich dann auch im Alltag auswirkt. Aber Meditation verlangt regelmäßiges Üben.
Hypnose.
Hypnose ist eine bewusst herbeigeführte Trance, ein natürlicher Bewusstseinszustand neben Schlaf und Wachbewusstsein. Menschen, die konzentriert, aber entspannt arbeiten, meditieren oder ein Bild betrachten, sind in einem solchen Trancezustand. Das heißt, sie blenden die Umwelt aus und konzentrieren sich intensiv auf einen Vorgang. In der Trance sind die Tore zum Unbewussten weiter geöffnet als gewöhnlich. Und es verändert sich die Aktivität des Gehirns: die linke Gehirnhälfte, für Sprache, logisches Denken und Bewusstsein zuständig, wird eingebremst, während die rechte Gehirnhälfte, die für Intuition und Kreativität, also für die unbewussten Fähigkeiten zuständig ist, vermehrte Aktivität aufweist. Daher ist es in Trance einfacher, die Bahnen gewohnter Denkmuster zu verlassen und so auch die Amygdala umzuprogrammieren. Indem in Trance dem Gehirn entspannende Bilder und alternative Lösungswege angeboten werden, wird u.a. Oxytocin freigesetzt, ein Wohlfühlhormon, das in der Lage ist, auch die Wirkungen der Amygdala einzuschränken.
Werden diese Bilder und Stimmungen verankert, haben Sie damit einen „Knopf“, den Sie in jeder Stress-Situation „drücken“ können, um augenblicklich wieder in den Ruhemodus zurückzukehren. Solche Anker kennen Sie: wenn Sie zum Beispiel im Radio Möwengeschrei oder einen Bachlauf und Vogelgezwitscher hören, stellen sich sofort Urlaubsbilder und -gefühle ein. Mit Trance und Ankern nutzen Sie die labile Phase nach der Aktivierung der Alarmreaktion und informieren so Ihren Bodyguard: das war ein Fehlalarm! So lernt er, wirkliche Gefahren von den relativ harmlosen Alltagsproblemen zu unterscheiden. Das macht die Hypnose zu einer sehr wirkungsvollen Methode in der Burnout Vorbeugung.
Untersuchungen mittels Magnet-Resonanz-Tomographie zeigen, dass die Amygdala auch durchLachen
und Weinen (als Geräusch) aktiviert werden kann. Denn auch das eigene Gesicht und die Gesichtsmuskelaktivität beeinflussen unsere Gefühle. So aktiviert ein zorniger Gesichtsausdruck den Bodyguard in Richtung Angst und Wutreaktion. Münchner Forscher lähmten die “Zornesfalten” der Experiment-Teilnehmer vorübergehend, indem sie das Nervengift Botulinumtoxin in die entsprechenden Gesichtsmuskeln spritzten. Daraufhin zeigte sich ein verblüffender Effekt: indem die Probanden kein wirklich zorniges Gesicht mehr machen konnten, fiel auch die Aktivität im Mandelkern und den damit in Verbindung stehenden Hirnstrukturen deutlich geringer aus.
Unsere Seele informiert sich also auch über unsere Körperzustände darüber, wie es uns geht. Hirnforscher sprechen von der Wirkung somatischer Marker. Einerseits sehen wir an Mimik, Körperhaltung, Art des Gehens usw., ob jemand glücklich, traurig, nachdenklich ist, und andererseits können wir, wenn wir unsere Körperhaltung, Mimik bewusst verändern, die Aktivität der Amygdala und die Ausschüttung von Glückshormonen begünstigen. Wer zum Beispiel den Mund zu einem Lächeln formt, kann laut Hirnforschung gar nicht umhin, sich dadurch aufzuheitern. Zusätzlich gilt:
Hände hoch und Blick nach oben gerichtet
Bewegungen, die nach oben gerichtet sind, helfen dabei, sich leichter an positive Ereignisse zu erinnern. Abwärtsbewegungen dagegen verleiten eher dazu, sich unangenehme Erfahrungen ins Gedächtnis zu rufen. Bestimmte Körperhaltungen können so zu Ankern des Wohlbefindens werden.
Die Macht der Gedanken
Stress ist also vorwiegend eine Folge der unterhalb der Bewusstseinsschwelle erfolgenden Bewertungen, die Ihr Bodyguard aufgrund seiner evolutionären und lebensgeschichtlichen Programmierung vornimmt. Ihre Gedanken entscheiden darüber, wie Sie sich fühlen, nicht die Situationen! So können Menschen unter vergleichbaren Bedingungen arbeiten und der eine geht abends pfeifend nach Hause, der andere pfeift dagegen aus dem letzten Loch.
- Nicht der Stau, nicht der nervende Kollege, nicht der Zeitdruck erzeugen Ärger, sondern unsere Bewertung „so nicht!“ obwohl es schon so ist.
- Nicht die unbekannten Herausforderungen erzeugen Angst, sondern unsere Bewertung „das schaffe ich nicht, das wird schlimm enden.“
Wenn Sie diese Macht der Gedanken zugunsten erwünschter Befindlichkeiten nutzen wollen, müssen Sie sich erst einmal über die Trigger klarwerden, die Ihren Bodyguard aktivieren. Dann müssen Sie sich dessen Bewertungen bewusstmachen und durch alternative Gedanken ersetzen, die Ihnen Kopf und Gemüt frei machen für angemessenes Handeln. Eine Art Therapie, damit er sich in Zukunft diese Situationen vorstellen und wahrnehmen kann, ohne nervös zu werden! Alles, was Ihnen also zwischen Reiz und Reaktion einen Aufschub schafft, ist dafür geeignet. Dazu gehört an erster Stelle Achtsamkeit.
Achtsamkeit entspannt und hilft in der Burnout Vorbeugung
Denn sie hilft, gewohnte automatische Reaktionen zu erkennen und zu stoppen. So wird deutlich, dass nicht entscheidend ist, was Ihnen zustößt, sondern wie Sie darauf reagieren. Und da haben Sie Handlungsspielraum. Denn wenn Sie verstehen, wie Ihr Gehirn auf Ereignisse in Ihrem Leben reagiert, können Sie mithilfe von Achtsamkeitstechniken Ihren Bodyguard mäßigen und bändigen und zum entspannten Körperzustand zurückkehren. In der Achtsamkeit nach innen wird Ihnen auch der innere Kritiker bewusst, der sagt, dass Sie nicht talentiert genug, schlau genug oder gut genug sind. Die Achtsamkeit lehrt sie, dass es sich dabei nicht um Tatsachen handelt, sondern um Gedanken – flüchtig und vorüberziehend wie dunkle Wolken. So hilft Achtsamkeit Ihnen, Distanz und Gelassenheit zu entwickeln und den Einfluss äußerer Ereignisse und innerer negativer Bewertungen auf Ihre Befindlichkeit zu verringern. Achtsamkeit ist daher ein einfacher und effizienter Übungsweg zur Burnout-Vorbeugung. Lesen Sie dazu auch meinen Blog-Beitrag über Achtsamkeit, in dem Sie 11 Übungen zur Stärkung Ihrer Stressresilienz finden.
FAZIT
Fassen wir also nochmal kurz zusammen. Tritt der Ernstfall ein und Ihr innerer Bodyguard steht kurz davor komplett dicht zu machen, können Sie auf diese Hilfsmittel zurückgreifen:-
- 4-4-8-Atmung
- Springen und Schütteln.
- Meditation.
- Hypnose.
- Lachen und Weinen (als Geräusch)
- Hände hoch und Blick nach oben gerichtet
Lieber Autor,
ein genialer Artikel der mir in kürzester Zeit aus meiner nunmehr zweiten Depression geholfen und einen stationären Klinikaufenthalt verhinderte.
Dieses Wissen ist der Schlüssel ohne Antidepressiva, die sowiso nur bei 14% der Menschheit Wirkung trägt, die Krankheit zu besiegen und Prophylaxe zu bezreiben.
Herzlichen Dank
P.Lindner
Herzlichen Dank für Ihr Feedback!
Von Angstzuständen geplagt werde ich mir ihre Tipps zu Herzen nehmen und sage jetzt schonmal Danke für diesen spannenden, sehr hilfreichen Artikel!
Alles Gute für Sie und danke fürs Feedback.
Als Besitzerin eines sehr Aufmerksamen leicht aktiviertem hirninternen Bodyguards finde ich diesen Bericht ermutigend. Ich werde beobachten ob er in der Lage ist sich anzupassen. Ich werde weiter daran arbeiten den Raum zwischen Reiz, und meiner Reaktion zu nutzen um ihn zu beruhigen. Der Weg, den ich noch suche ist: länger reguliert zu bleiben. Ich investiere Minuten um ihn zu beruhigen. Finde kreativ nen passenden neuen Weg mit der Alarmierenden Situation umzugehen. Fühle mich glücklich Jedoch auch erschöpft. Dann kommt in Sekundenschnelle der nächste Reiz, der meinen Bodyguard aufschreckt. Das ist so mühselig.
Mein Bodyguard wurde in einer von Überbehütung, mir würde nix zugetraut. Vernachlässigung und Gewalt geprägten Kindheit trainiert und flippt ständig aus. Das saugt! Inzwischen verstehe ich, dass die Soziale Umgebung in der ich aufgewachsen bin keine andere Entwicklung zu ließ. Es ist ein langer Weg zu innerem Frieden. Ich fühle so starke Angst mit Menschen und sogar mit Tieren weil ich dann erlebe wie stark die Muster meiner Kindheit sind. Ausgeflippt lässt der Bodyguard in schnelle nur zu was ich nicht möchte: Kontrolle, Unterdrückung, Gewalt. Für die Langsamkeit die mit der bewussten Umlenkung einhergeht wurde ich oft diskriminiert. Dabei bin ich Achtsam meine Macht dazu einzusetzen dass ein Weg gefunden wird der allen beteiligten so gut es geht dient, nicht zum Schaden wie es in mir angelegt wurde. Ich werde vor mir selbst diesem Prozess, dieser Zeit, die ich mit Achtsamem Umlenken verbringe wohlwollend Raum geben.