Die Macht der Gedanken
Es gehört zu den wichtigen Entdeckungen der Psychologie, welche Rolle unser vorbewusstes Denken in der Gestaltung unseres Lebens spielt. Ständig feuern Gedanken im Kopf, mal sehr bewusst, viel öfter aber ohne unser Wollen und Steuern. Solche Gedanken sind aber kein wirkungsloses Hintergrundrauschen, sie sind vielmehr ein Zusammenwirken von Chemikalien und elektrischen Schaltkreisen im Gehirn, die beständig Reaktionen im komplexen neurologischen und biochemischen System unseres Körpers auslösen, z.B. die Ausschüttung von Stresshormonen. Das Gehirn unterscheidet dabei nicht zwischen bewussten und unbewussten Gedanken. Auch nicht zwischen Gedanken, die sich mit Realitäten befassen, und solchen, die sich mit Fantasien beschäftigen. Ja nicht einmal, ob Sie nun an das glauben, was Sie gerade denken, oder nicht. Wer sich Sorgen um die Zukunft macht und sich ausmalt, was passieren kann, erzeugt damit die gleichen Stimmungen und Stressreaktionen wie real eingetretene ungünstige Umstände.
Ein ganz einfaches Beispiel der Macht von Gedanken kann man erleben, wenn man an einem fremden Ort ist und jemand sagt, hier gäbe es Flöhe. Wenn derjenige, sich dann immer wieder mal an den verschiedensten Körperstellen kratzt, senkt das Hirn die Wahrnehmungsschwelle der Haut und interpretiert jede auftretende Kleinigkeit, wie z.B. das Bewegen der Haare am Arm durch einen Luftzug, als Aufforderung zum Kratzen. Und wenn man sich selbst dann zwei- bis dreimal gekratzt hat, ist man gern bereit zu glauben, dass einen die Flöhe auch erwischt haben.
Gedanken erzeugen Gefühle
Situationen, Ereignisse, Begegnungen, das Verhalten anderer Menschen, Wahrnehmungen über den eigenen Körper – alles wird also von aufgrund von Vorerfahrungen, gewonnenen Überzeugungen und tief verankerten Mental-programmen spontan bewertet. Diese Bewertung führt dann als Konsequenz zu entsprechenden Gefühlen und entsprechendem Verhalten.
Nehmen wir folgende Situation: Sie schlafen nachts im Bett und ein Geräusch weckt Sie. Spontaner Gedanke: „bestimmt ein Einbrecher“. In der Folge erleben Sie Angst und Anspannung und Sie sind hellwach. Gleiche Situation, diesmal lautet jedoch Ihr Gedanke: „können die Nachbarn denn nie Ruhe geben“. In seiner Folge erleben Sie Wut und Ärger und greifen vielleicht zum Telefon, um sich zu beschweren. Oder aber Ihr Gedanke ist: „was macht die Katze wohl wieder“. Dann ist Neugier die Folge und Sie stehen auf und sehen nach. Dreimal die gleiche Ausgangssituation, drei verschiedene Bewertungen und in der Folge drei ganz andere Befindlichkeiten. Das erklärt, weshalb von zwei Menschen unter vergleichbaren Bedingungen der Arbeit der eine abends pfeifend nach Hause geht und der andere aus dem letzten Loch pfeift. NIcht die Erfahrungen des Tages, sondern deren jeweilige Bewertungen sind ausschlaggebend!
Kann ich das auch anders sehen?
An dieser Stelle haben wir also einen Schlüssel, der darüber entscheidet, ob wir gestresst oder gelassen reagieren. Stressverschärfende Bewertungen wirken als Wut- oder Angstmacher. Die Schlüsselfrage heißt daher: „Kann ich das auch anders sehen?“
Der Chef schimpft ungehalten im Vorübergehen (Situation). Ja, der Chef ist ungerecht und unangemessen im Ton (Bewertung). Aber ich weiß, dass ihm eben ein wichtiger Auftrag verloren ging und er deshalb verärgert oder besorgt ist (alternative Bewertung). Ich brauche also den Fehdehandschuh nicht aufzugreifen, sondern spreche ihn in einer ruhigen Minute nochmal an (angemessenes Verhalten).
Oft sind unsere Bewertungen irrational, z.B. in Form
– absoluter Forderungen („Ich muss…, darf nicht …/ die anderen müssen …, dürfen nicht…)
– verallgemeinernder negativer Selbst- und Fremdbewertung (statt einzelne Eigenschaften oder aktuelle Verhaltensweisen zu sehen, wird generalisiert; „immer …“, „schon wieder …“, „nie…)
– Katastrophisieren (unerwünschte und negative Ereignisse werden überbewertet)
– niedrige Frustrationstoleranz (Unerwünschtes oder von der eigenen Erwartung Abweichendes kann nicht akzeptiert werden)
Die Folge sind belastende Gefühle und unangemessenes Verhalten, das nicht wirklich zielführend ist. Beides wirkt erheblich als Stressor. Wesentlich ist deshalb, starre Bewertungsmuster zu erweitern, alternative Gedanken zu entwickeln und so rationales, zielführendes Handeln zu ermöglichen.
Kognitive Umstrukturierung
So lautet der Fachbegriff für die Veränderung unserer Bewertungsmuster. Manchmal reicht dazu einfach eine erklärende Information und schon können wir eine Situation anders bewerten. Oft aber wird es um tiefsitzende automatisierte Mentalprogramme gehen. Anfangs werden wir uns diese erst im Nachhinein bewusst machen und Alternativen dazu überlegen können. Diese Reflektion des Automatik-Modus ist der erste Schritt. Das beständige Etablieren der alternativen Denkweisen ist der zweite Schritt. Generell gilt natürlich: Die Psyche lernt nicht von heute auf morgen und nicht ohne regelmäßiges Trainieren und Üben über einen längeren Zeitraum. Schließlich haben Sie Ihr jetziges Denken, Fühlen und Verhalten über Jahre oder gar Jahrzehnte fleißig kultiviert und zementiert.
Meditation
Eine andere sehr wirkungsvolle Technik ist die Meditation. Denn mit ihr üben Sie gleichzeitig ein wertungsfreies Registrieren von Gedanken und Empfindungen, ohne auf diese einzusteigen. So entsteht zwischen Reiz und Reaktion eine Lücke, die Sie dann auch nutzen können, um alternative Bewertungen vorzunehmen.
Wenn Sie Hilfe wünschen, um hartnäckige stressende Programme aufzulösen, nehmen Sie doch an unseren Intensivworkshops zur Burnout-Prävention teil oder nutzen Sie die Möglichkeit eines Coachings oder Onlinecoachings. Gerne helfe ich Ihnen weiter.