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Als ich vor 30 Jahren mit meinem Unternehmen startete, u.a. mit dem Angebot der Veränderungsbegleitung, da waren Veränderungen noch die Ausnahme. Heute sind Veränderungen Alltag. Die raschen und wechselhaften Entwicklungen in den Märkten zwingen Unternehmen immer wieder zu Anpassungsmaßnahmen, um Kundenbedürfnissen zu entsprechen, Synergien zu nutzen, den Marktauftritt zu verbessern, Arbeitsplätze zu sichern und finanziell zu überleben. Abteilungen werden aufgelöst oder zusammengeführt, Hierarchieebenen verändert, Prozesse und Abläufe neu strukturiert und Führungskräfte müssen sehen, wie sie zwischen all den Veränderungsprozessen und Veränderungsmeetings noch ihr operatives Geschäft hinbekommen. Agilität heißt das neue Zauberwort, das Veränderung zum Dauerzustand machen will und damit weit an der Realität der Mitarbeitenden vorbeigeht.

Sie wollen wissen, wie Ihre Mitarbeitenden auf Veränderungsankündigungen reagieren?

 

Dann schauen Sie einmal gegen Abend in einen Sandkasten. Der kleine Max spielt selbstversonnen mit seiner Freundin. Die Mutter ruft „reinkommen“, weil es Essenszeit ist. Erste Reaktion? Keine! Der Kleine wird den Aufruf erst einmal ignorieren („Ich bin nicht gemeint“). Die Mutter ruft wieder. Jetzt wird er Widerstand zeigen, ärgerlich oder weinend, denn er will ja einfach ungestört weitermachen („Wieso ich?“). Die Mutter bleibt beharrlich. Nun wird Max versuchen, zu verhandeln: „wenn ich verspreche, nachher ganz schnell ins Bett zu gehen, darf ich dann noch etwas weiterspielen?“ („Vielleicht doch nicht“) Die Mutter gibt nicht nach, allmählich muss Max einsehen, dass kein Weg am Spielende vorbeiführt, und er fragt, ob er die Spielsachen liegen lassen darf („Was bedeutet das jetzt für mich?“). Schließlich wird er das Spielende akzeptieren oder resignierend reingehen. („Wenn es sein muss“). Ignorieren, Verleugnen, aktiver oder passiver Widerstand, Verhandlungsversuche und schließlich Realitätsarbeit – all das sind typische Reaktionen auf und typische Phasen im Umgang mit anstehenden Veränderungen. Denn in der Tat: der Mensch ist ein Gewohnheitstier!

Anklammern ist unsere Natur

 

Sicherheit ist einfach ein biologisch verankertes Grundbedürfnis in uns, Unsicherheiten aushalten müssen wir erst lernen. Veränderungen aber enthalten immer viele Unwägbarkeiten und lösen darum Unsicherheit, Unbehagen und Angst aus. Kinder suchen dann Körperkontakt oder zumindest Blickkontakt. Und auch Erwachsene suchen in Veränderungssituationen Rückhalt. Mit ein Grund, weshalb wir vor einem Auslandsaufenthalt Abschiedspartys feiern oder vor der Hochzeit mit den Freundinnen bzw. Freunden durch die Kneipen ziehen: wir versichern uns des Rückhaltes einer Gemeinschaft. Menschen, die in frühen Jahren eine sichere Bindung entwickeln konnten, weil sie ein einfühlsames und verlässliches Gegenüber hatten, können als Erwachsene besser mit Stress umgehen und sich schneller wieder abregen. Aber nicht nur lebensgeschichtliche Erfahrungen spielen dabei eine Rolle, sondern auch die Neurobiologie unseres Gehirns.

Unser Gehirn liebt Routinen

 

Die Großhirnrinde, die das bewusste Denken ermöglicht, ist ein regelrechter Energiefresser. Nichts verbraucht so viel Energie wie bewusstes Denken und Entscheiden. Darum bevorzugt unser Gehirn Energiesparprogramme, indem es so viel wie möglich in unbewusste Routineprogramme umsetzt. 90% unserer Alltagshandlungen werden von solchen Routinen gesteuert, denn automatisiertes Handeln belohnt das Gehirn mit der Ausschüttung von Endorphinen, körpereigenen Opiaten, die Wohlbefinden erzeugen. Anstehende Veränderungen dagegen aktivieren das gleiche Hirnareal wie Schmerz! (In der Abbildung sehen Sie den Grad der Gehirnaktivitäten im Umgang mit Unbekanntem und im Umgang mit Gewohntem)  Darum lieben 80% der Menschen Gewohnheiten und das Vertraute. Nur 20% sind sogenannte „Sensation-Seekers“, die uns als offene und neugierige Menschen auffallen oder in der überzogenen Variante als Extremsportler oder Glücksspieler.

Jede anstehende Veränderung ruft unseren hirninternen Bodyguard auf den Plan, die Mandelkerne, die dafür zuständig sind, Gefahren zu erkennen und zu merken. Sie schalten das bewusste Denken erst einmal offline und prüfen im Bruchteil von Sekunden, ob eine Situation bedrohlich (für Leib, Leben oder Status) und ob sie beherrschbar ist. Denn wenn unsere Vorfahren im Feld dem Bären begegneten, blieb keine Zeit für ein Meeting, sondern in Sekundenschnelle musste die Entscheidung über Kampf oder Flucht fallen. So kommt es unbewusst durch die Mandelkerne entweder zur Bereitstellung von Energie für Kampf oder Flucht (die Stressreaktion) oder zur Entwarnung, die dann auch wieder eine bewusste Auseinandersetzung zulässt.

Change ist Stress

Alle Veränderungssituationen aktivieren diese Bedrohlichkeits- und Beherrschbarkeitsprüfung. Jedes Mal geht es um die Grundfrage: Was bedeutet das für mich? Welche Konsequenzen sind für mich damit verbunden? Die unterschwelligen und offenen Fragen lauten dann:

  • Sind Arbeitsplatz und Einkommen noch sicher?
  • Wie verändern sich die Rahmenbedingungen meiner Arbeit? Bedeutet das z.B. Mehrarbeit und weiter zunehmende Komplexität? Neues, das ich lernen muss?
  • Werden Autonomie, Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume eingeschränkt?
  • Bricht die soziale Unterstützung weg (durch ein neues Team oder eine neue Führungskraft)?
  • Warum muss es überhaupt anders werden, wir sind doch gut?

 

Ressourcen

 

Die Prüfung auf Beherrschbarkeit orientiert sich an unseren Ressourcen:

  • Dazu gehören alle Kenntnisse und Fertigkeiten, die ich bislang erworben habe. Auch Erfahrung ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Ressource.
  • Eine weitere wichtige persönliche Ressource ist die sogenannte internalisierte Kontrollüberzeugung, d.h. die Zuversicht, die Herausforderung durch eigenes Bemühen bewältigen zu können.
  • Diese Zuversicht wächst aus vorangegangenen Selbstwirksamkeitserfahrungen: ich habe erlebt, dass ich mit meinem Handeln etwas bewirken und in meinem Sinne gestalten kann.
  • Auch der eigene Gesundheitszustand sowie die persönliche Regenerationsfähigkeit sind wichtige Ressourcen.
  • Ebenso wichtig sind soziale Ressourcen, das Vertrauen zu Kollegen und in die Führung, sowie Unterstützung im privaten familiären und freundschaftlichen Umfeld.

Die Prüfung dieser Ressourcen führt entweder zur Milderung des Stresses, weil ich weiß, dass ich mich auf mich und auch auf andere verlassen kann und schon andere Herausforderungen gemeistert habe. Oder aber sie verstärkt den Stress, weil die Unwägbarkeiten und Herausforderungen die Ressourcen überwiegen.

 

Emotions-Management im Change

 

Engagierte Menschen arbeiten mit Herz, Gefühl und Seele. Emotion ist also ihre treibende Energie. Ein Change-Management, das zum Erfolg führen will, muss daher auch diese menschliche Seite managen, indem es drei grundlegende Bedürfnisse berücksichtigt:

  1. Vorhersehbarkeit
    Das eine Bedürfnis ist die Vorhersehbarkeit. Wir möchten wissen, was auf uns zukommt. Das eröffnet uns Möglichkeiten kognitiver, emotionaler und auch handlungsorientierter Vorbereitung. Aus Furcht und Ablehnung kann durch die gedankliche Auseinandersetzung Zuversicht und Akzeptanz oder zumindest Bereitschaft zur Auseinandersetzung werden. Jedenfalls fühlen wir uns besser aufgestellt und damit sicherer, wenn wir Ideen darüber haben, was die Zukunft bringt und wie wir uns dazu verhalten können. Entweder die Konsequenzen sind klar und können klar kommuniziert werden. Oder aber sie sind noch unklar, dann muss die Unklarheit benannt und ein iterativer Prozess in Gang gebracht werden. Dazu gehört die Benennung und Beschreibung von Prozessphasen ebenso wie eine Timeline.

2. Durchschaubarkeit
Das zweite Bedürfnis ist die Durchschaubarkeit. Wir wollen Vorgänge und Prozesse in ihren Zusammenhängen verstehen können, wissen, was Ursache oder Wirkung ist und welche Aktion was auslöst. Anders ausgedrückt: wenn unser Gegenüber oder Gegner einen Namen und ein Gesicht hat, wird er für uns berechenbarer. Das erhöht wiederum unsere gefühlte Sicherheit. Das erfordert eine offene, verlässliche Kommunikation und Information.

 

  1. Beeinflussbarkeit
    Das dritte Bedürfnis ist die Beeinflussbarkeit. Wir wollen in die Zukunft unsere Vorstellungen und Bedarfe einbringen können. Vorhersehbarkeit und Durchschaubarkeit vermitteln uns das Gefühl, eine Situation kontrollieren zu können. Dazu gehört auch der Wunsch, die Zukunft beeinflussen zu können.

Betroffene brauchen Realitätsarbeit

 

Im „Kölschen Grundgesetz“ lautet der erste Paragraph: „Et es, wie et es!“ Anders ausgedrückt: stell Dich den Tatsachen. Im Leben läuft nicht alles nach Plan und Wunsch, es kommt statt dessen immer wieder zu Ereignissen und Impulsen, die das Gewohnte und Gewünschte durchkreuzen und von uns eine Neuorientierung verlangen. Der Paragraph 1 ist da die Empfehlung, Realitäten zu akzeptieren, denn dann können wir einen Umgang damit überlegen.

Raus aus der Opferrolle! Das ist die zweite wichtige Empfehlung. Auch wenn die Veränderung eine Zumutung von außen ist (oder „von oben“ verordnet), habe ich Optionen, damit umzugehen. Wichtige Fragen sind dann: Was kann und muss ich an dieser Stelle lernen? Was muss ich aufgeben? Was muss ich tun?) Lösungsorientiertes Denken und Handeln ermöglicht, das Heft des Handelns wieder in die Hand zu nehmen.

Übernimm Verantwortung! Dazu gehören auch Entscheidungen wie: Will ich die Veränderung mittragen oder an dieser Stelle gehen? Denn nirgends gilt mehr als jetzt: „love it“ (freunde Dich mit den Dingen an, wie sie sind) oder „change it“ (verändere die Dinge so, dass Du Dich mit ihnen anfreunden kannst) oder „leave it“ (wenn Beides für Dich nicht geht, verlasse den Kontext). Zur Verantwortung gehört auch: triff Deine Wahl und „zahl“ den damit verbundenen Preis.

Der Wiener Psychiater und Sinnforscher Viktor Frankl hat einmal gesagt: „Wir leiden an dem, was wir nicht leiden mögen!“ Würden wir es leiden wollen (ein Einverständnis damit finden), würden wir nicht darunter leiden. Letztlich zeigt sich wieder, dass Stress zwar von außen angestoßen werden kann, sich eigentlich aber im Kopf abspielt: Stress erzeugend und verschärfend sind unsere Bewertungen und Zuschreibungen. Ob wir die anstehende Veränderung als Wutmacher (will ich nicht!) oder als Angstmacher (das schaffe ich nicht!) sehen oder ein Vertrauen in unsere Ressourcen haben. Zu diesen Ressourcen würde ein vom Unternehmen getragenes Coaching sicherlich wesentlich beitragen.

 

Sie haben gerade Stress? Gerne unterstütze ich auch Sie mit Coaching oder unserer monatlichen Auszeit „Neue Kraft für High-Performer“. Schreiben Sie mir eine Nachricht.

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